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Macht fasziniert. Macht polarisiert. Der Begriff allein übt eine eigenartige Anziehungskraft aus – auf manche beflügelnd, auf andere eher beunruhigend. Macht kann inspirieren oder abschrecken, Hoffnung wecken oder Misstrauen säen.

„81 % der Belegschaft geben an, dass eine Kultur des Vertrauens ihre Loyalität stärkt; 82 % nennen ethische Geschäftspraktiken und 83 % Inklusion als Treiber für Verbleiben im Unternehmen.“

The 2024 Benchmark of Ethical Culture Report

Die Menschheitsgeschichte ist geprägt von erstaunlichen Errungenschaften und Eroberungen, die unseren Status als Homo sapiens, den „weisen Menschen“, unterstreichen. Dennoch steckt die Welt trotz all dieser Fortschritte in einer existenziellen Krise. Warum, fragt sich Yuval Noah Harari in seinem Werk „Nexus“: „Wir nennen unsere Spezies Homo sapiens – den weisen Menschen. In den vergangenen 100.000 Jahren haben wir enorme Macht erlangt. Unsere Entdeckungen, Erfindungen und Eroberungen füllen Bände. Doch Macht ist nicht gleich Weisheit. Und nach diesen 100.000 Jahren hat sich die Menschheit in eine existenzielle Krise manövriert. Wenn wir so weise sind – warum handeln wir so selbstzerstörerisch?“

Romano Guardini, einflussreicher Denker des 20. Jahrhunderts, warnte bereits vor einem blinden Glauben an Machtzuwachs als reine Fortschritte in SicherheitNutzen und Lebensqualität. Er betonte, dass Macht eine mehrdeutige Kraft sei, die sowohl Gutes als auch Böses bewirken könne, abhängig von den Absichten und der moralischen Grundlage ihres Gebrauchs. Bereits 1950 schrieb Romano Guardini: „Der neuzeitliche Mensch meint, jede Zunahme an Macht sei automatisch Fortschritt: mehr Sicherheit, mehr Nutzen, mehr Wohlfahrt, mehr Lebenskraft, mehr Wertsättigung.“

Doch Guardini warnt auch: „In Wahrheit ist Macht etwas zutiefst Mehrdeutiges. Sie kann Gutes wie Böses bewirken, aufbauen, wie zerstören. Was sie wird, hängt von der Gesinnung ab, die sie leitet, und vom Zweck, dem sie dient.“

Grundgedanken zur Macht

Max Weber, der deutsche Soziologe, definierte Macht prägnant als die Fähigkeit, innerhalb sozialer Beziehungen den eigenen Willen durchzusetzen, ungeachtet der Gegenkräfte. Diese Definition aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bleibt bis heute relevant und bildet eine Grundlage für das Verständnis der sozialen Dynamiken.

Max Weber beschrieb bereits 1922 in seiner Veröffentlichung „Wirtschaft und Gesellschaft“, dass Macht jede Möglichkeit innerhalb einer sozialen Beziehung darstellt, den eigenen Willen durchzusetzen, unabhängig von den Ursprüngen dieser Möglichkeit. Weber stellt damit Macht in den Kontext von Beziehungen, anstatt sie als isoliertes Merkmal einer Person zu betrachten.

Die menschliche Möglichkeit zur Macht

Romano Guardini ergänzte diese Definition, indem er Macht als die Fähigkeit beschrieb, Realität aktiv zu gestalten. Macht ist demnach nicht nur eine statische Kraft, sondern eine dynamische, die Menschen dazu befähigt, andere zu Handlungen oder Veränderungen zu bewegen, auch wenn diese nicht unbedingt ihren eigenen Überzeugungen entsprechen. „Macht ist dann gegeben, wenn sie mit bewusster Freiheit verbunden ist – und diese besitzt nur der Mensch.“ Er beschreibt Macht zugleich als: „Fähigkeit, Realität zu bewegen.“ Artur Bogner ergänzt: „Macht meint eine Art Kräfteverhältnis oder Gewichtsverteilung in den sozialen Abhängigkeiten zwischen Menschen.“

Macht gehört zum Menschsein – Macht entfaltet sich in sozialen Beziehungen

Machtausübung ist keine optionale Ergänzung des menschlichen Wesens, sondern Teil davon. In sozialen Gefügen ist Macht eine Form des sozialen Einflusses und der Kontrolle, betont der deutsche Politikwissenschaftler Wilhelm Staehle.

Ihre Bedeutung und ethische Legitimität entstehen aus der Art und Weise, wie sie verwendet wird – sie kann gleichermaßen Potenzial für das Gute wie für das Schlechte bergen. Staehle beschreibt es wie folgt: „Macht ist eine Form sozialen Einflusses oder sozialer Kontrolle.“

Romano Guardini stellt das Thema grundsätzlich auf einen neutralen Untergrund.

„Macht ist aus sich heraus weder gut noch böse, sondern erhält ihren Sinn durch den, der sie gebraucht. Sie ist ebenso Möglichkeit zum Guten wie Gefahr zum Bösen.“

Romano Guardini

Macht ist notwendig für gesellschaftliche Ordnung und Gestaltung. Michel Foucault hält die Vorstellung einer machtfreien Gesellschaft sogar für illusionär – weil Machtbeziehungen tief im Zwischenmenschlichen verankert sind.

Keine Beziehung ohne Macht

Macht ist somit die Eigenschaft einer sozialen Beziehung – nicht das Merkmal einer Person.“, ist eine treffende Erklärung des US-amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson. Macht existiert nur im Verhältnis – „über“ jemanden, „mit“ jemandem oder „gegen“ jemanden.

Beziehungen beruhen immer auf wechselseitiger Abhängigkeit. Wer etwas kontrolliert, das anderen wichtig ist, übt Macht aus. Deshalb sind Machtverhältnisse nicht per se gut oder schlecht, sondern situations- und beziehungsabhängig.

Psychologie der Macht

Macht spielt sich häufig im Kopf ab. Viele Machtspiele basieren auf Annahmen: „Der andere könnte vielleicht …“ – und daraufhin passen wir unser Verhalten an. Es ist ein ständiges Navigieren in psychologischen Ungewissheitszonen.

„Die Macht eines Individuums oder einer Gruppe ist die Ungewissheitszone, die es durch sein Verhalten für andere kontrollierbar oder unkontrollierbar macht“ beschrieb schon der französische Soziologe Michel Crozier dieses Phänomen der Ungewissheitszone. Machtverhältnisse ändern sich, wenn sich unser Denken ändert.

Macht ermöglicht gemeinsames Handeln

Hannah Arendt erweitert den Machtbegriff entscheidend. Sie hebt hervor, dass Macht nicht nur die Fähigkeit ist, zu handeln, sondern sich mit anderen zu verbinden und gemeinsam zu agieren. Diese kollektive und kooperative Handlungsfähigkeit ist entscheidend für die Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse und ihre Legitimität. Sie beschrieb in ihrem Werk „Macht und Gewalt“: „Macht entspricht der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln.“ Macht ist damit keine bloße Durchsetzungskraft, sondern auch eine kollektive Fähigkeit zur Gestaltung.

Macht – die treibende Kraft menschlicher Geschichte

Für Bertrand Russell ist Macht weit mehr als nur ein politisches oder gesellschaftliches Instrument. Sie ist ein grundlegender Antrieb des menschlichen Handelns – in allen Lebensbereichen. Ob in der WirtschaftPolitik, in Partnerschaften oder in der Erziehung: Überall entfaltet Macht ihre Wirkung, und das nach jeweils eigenen Gesetzmäßigkeiten. Gerade deshalb warnt Russell eindringlich: „Nur wer die verschiedenen Formen von Macht wirklich durchschaut, ist auch in der Lage, ihren Missbrauch zu erkennen und zu verhindern.

Macht und Verantwortung

Ein zentraler Gedanke bleibt: Macht sollte stets als Mittel betrachtet werden, niemals als Selbstzweck. Der Missbrauch von Macht entsteht oft dann, wenn sie als Ziel an sich angesehen wird, anstatt als Möglichkeit zur positiven Gestaltung und Veränderung.

„Wer Macht als Ziel anstrebt, verkennt ihre eigentliche Bestimmung. Er beginnt, sie zu vergötzen, sich an sie zu binden und sie für fremde Zwecke zu missbrauchen“, schrieb schon der katholische Theologe Stefan Kiechle. Macht soll dienen, nicht beherrschen. Sie ist Mittel zur Gestaltung – nicht Ziel des Handelns.

Wie gelingt ethische Führung?

„Nur 48 % der Befragten weltweit vertrauen ihren CEOs, was zeigt, wie entscheidend ethische Legitimität in der Führung ist.“

2023 Edelman Trust Barometer

Ethische Führung erfordert ein tiefes Verständnis für die Konsequenzen eigener Entscheidungen und Handlungen. Sie beginnt mit einer klaren inneren Haltung, die Führungskräften Orientierung bietet und die Grundlage für glaubwürdiges Handeln schafft. Haltung stärkt Vertrauen und bildet die Basis für eine Führung, die nachhaltig wirkt.

Verantwortung ist der Schlüssel, um Macht im Sinne des Gemeinwohls einzusetzen. Führungskräfte, die Macht mit Achtsamkeit nutzen, fördern nicht nur den Erfolg ihrer Organisation, sondern auch das Wohl ihrer Teams. Transparente Entscheidungen und Empathie helfen, Perspektiven einzubeziehen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu fördern.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der ethischen Führung ist die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen. Indem Führungskräfte Handlungsspielräume schaffen, Talente fördern und ihr Team zu Eigenverantwortung ermutigen, entsteht eine Kultur, die nicht nur das Vertrauen stärkt, sondern auch Innovation und Resilienz vorantreibt.

Führungskräfte-Coaching kann eine wichtige Rolle spielen, um die Prinzipien der ethischen Führung zu verinnerlichen. Es unterstützt Führungskräfte dabei, Reflexion und Haltung zu schärfen, soziale Dynamiken besser zu verstehen und ihre Führungsfähigkeiten gezielt weiterzuentwickeln.

Nutzen Sie Ihre Macht für nachhaltigen Erfolg!

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Fazit – Macht und Führungsverantwortung im 21. Jahrhundert

Die Debatte um Macht ist komplex und mehrdimensional. Es ist unerlässlich, ihre Dynamiken und Auswirkungen kritisch zu reflektieren, um eine verantwortungsvolle Nutzung sicherzustellen. Transparenzethische Legitimität und die Fähigkeit zur kollektiven und kooperativen Entscheidungsfindung sind Schlüsselaspekte, um die Potenziale der Macht zum Wohle aller zu nutzen und ihre negativen Konsequenzen zu minimieren.

Häufig gestellte Fragen

Ein bewusstes Verständnis für die Konsequenzen von Macht, gekoppelt mit Offenheit für Kritik und dem Einsatz für das Team, hilft Führungskräften, Macht verantwortungsvoll zu leben.

Führungskräfte sollten Macht nutzen, um Entscheidungen transparent zu treffen, Mitarbeiter zu fördern und gemeinsame Ziele voranzubringen. Machtmissbrauch lässt sich durch Selbstreflexion, Empathie und Feedback vermeiden. Coaching kann dabei helfen, Blindspots zu identifizieren und einen gesunden Führungsstil zu entwickeln.

Autor

Profilbild von Mathias Hühnerbein, Inhaber von proCEO, die Kompetenzentwickler.

Mathias Hühnerbein

Geschäftsführender Inhaber von proCEO, Master-Coach, Lehr-Supervisor, Ausbilder EASC, Organisationsberater, Mediator, Mentor und Resilienzberater.

Mathias Hühnerbein ist als akkreditierter Lehrtrainer und Ausbilder im proCEO Institut für die Ausbildung in den Bereichen Coaching und Supervision verantwortlich.

Mit über 16.000 Stunden Beratungserfahrung arbeitet Mathias als freiberuflicher Coach, Master-Coach, Lehr-Coach, Supervisor, Lehr-Supervisor, Resilienzberater und Trainer mit Fach- und Führungskräften, Teams und Organisationen.

Außerdem war Mathias Hühnerbein als Honorardozent an der OHM Professional School in Nürnberg tätig.

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